Skippertricks
Für viele - gerade Eigner - von Yachten ist ein "richtig gesetztes und getrimmtes" Großsegel unabdinglich und es vergeht kaum eine Minute, in welcher nicht am Trimm des Großsegels gearbeitet wird.
Für eine sportlich orientierte Segelcrew entstehen hierbei Teambuildingeffekte und es macht Spaß, jeden halben Knoten Fahrt herauszukitzeln.
Familien- und Urlaubscrews gehen es meist eher etwas gemütlicher an, dennoch sollte man zumindest die Grundregeln des richtigen Trimm kennen, denn es ist auch ein Sicherheitsaspekt und es segelt sich entspannter.
Viele schimpfen auf die bei Charteryachten beliebten Rollgroßsegel, aber gut getrimmt bieten auch diese viel Segelspaß.
Rein technisch gesehen kann man ein Lattengroßsegel flacher trimmen und somit höher am Wind eben mehr Höhe und Geschwindigkeit laufen.
Ein Lattengroß ist - gut laufende Mastrutscher vorausgesetzt - schnell gesetzt, wenngleich man meist an den Mast muss, um es hochzukurbeln und durchzusetzen.
Nicht alle Yachten haben Reffsysteme, die auch vom Cockpit aus zu bedienen sind, und das Reffen findet ja meist dann statt, wenn es bereits heftiger weht und die Welle das Schiff durchschüttelt - daher sind Rollsegel gerade für seltener segelnde Urlaubssegler die bessere Wahl.
Immerhin haben sich fast überall moderne Lazy Jack und Lazy Bag Systeme durchgesetzt, welche das geborgene Segel locker aufgetucht bzw. sicher verpackt auf dem Baum liegend halten, und verhindern, dass das Großsegeltuch herumflattert.
Zum Reffen muss man nur das Großfall lösen und das Segel rauscht, von der Schwerkraft gezogen, weitgehend von alleine in den Lazybag, wo man es leicht, mittels Zipper verstaut, sichern kann.
Im Charterbereich haben sich in den letzten 20 Jahren mehr und mehr Rollgroßsegel durchgesetzt. Zwar schaudert es den "echten Seebären", wenn er solche Yachten und deren Segel sieht, aber sollte man sich als Urlaubs-segler nicht einschüchtern lassen, denn in den letzten Jahren haben neue Rolltechniken und viel dünnere, dabei strapazierfähigere Segeltücher den Rollsegeln ebenfalls sehr gute Trimmeigenschaften verliehen, die für den Urlaubssegler mit seiner Charteryacht bei Weitem ausreichen und dennoch die Vorteile des Rollsegels erhalten.
Ambitionierte Regattacrews wollen eine Segelyacht seglerisch und sportlich ausreizen.
Aber die Majorität der Yachtcharterer bucht eine Rollgroßyacht, denn diese ist bequemer zu handhaben und sicherer dazu, da die Rollreffsysteme aus dem Cockpit heraus zu bedienen sind.
Niemand muss an den Mast, was gerade bei Starkwind ein erheblicher Sicherheitsaspekt ist.
Zudem neigt man beim Lattengroß aufgrund des relativ höheren Aufwandes, das Vorliek und Großfall wieder durchsetzen zu müssen, dazu, das Reffen zu verschieben.
Nicht selten entstehen daraus gefährliche Situationen.
Das Rollsegel hingegen ist schnell mal um ein paar Quadratmeter verkleinert und wird ebenso bequem schnell wieder ausgeschüttet, wenn der Wind wieder etwas nachlässt.
Am heimischen Stammtisch wird von "alten Seebären" gerne mit erhobenen Zeigefingern und dramatisch hochgezogenen Augenbrauen über die "vermaledeiten Rollgrossegel" geschimpft, die sich nicht nur schlecht Trimmen lassen (längst überholtes Ammenmärchen), sondern die auch noch - ganz von alleine - verwurschteln, und sich im Mast verklemmen, dass man die selbst mit roher Gewalt nicht mehr rausbekommt.
Diese Geschichte hat einen wahren Kern, denn auf jedem Segeltörn kann man hektisch herumhantierende Crews sehen, die mehr oder weniger verzweifelt sich mühen, ein offensichtlich verdrehtes Großsegel irgendwie aus der Masttrommel zu ziehen.
Was ist geschehen?
Rollgrosssegel haben naturgemäß einen anderen Schnitt, als ein Lattengroß und damit ein etwas tieferes Profil, einen "Bauch", damit das Segel auch im teilgerefften Zustand noch steht. Zudem haben moderne Segel meist senkrechte Latten zur Stabilisierung. Häufig kann man sehen, wie vor allem Männer-Chartercrews die Yachten technisch aussegeln wollen und sich gegenseitig beweisen, wie schnell sie segeln, wie gut Trimmen und wie toll sie regattieren können.
Das macht Spaß, unzweifelhaft, aber die Crews handhaben und Trimmen das Rollsegel, als sei es ein Lattengroß, und leider wird dann sehr häufig vergessen, all die für´s Trimmen installierten Einstellungen VOR dem Einrollen wieder rückgängig zu machen.
der Achterstag bleibt durchgesetzt - dadurch hat der Mast eine Biegung nach hinten, das Segel kann nicht richtig eingerollt werden
der Baumniederholer und/oder Großschot bleibt durchgesetzt - der Zug auf den unteren Teil des Segels ist enorm und dadurch verdreht das Segel oben, es gibt Falten, schlimmstenfalls Überläufer im Segel
Die Dirk bleibt lose - das Segel wird eingerollt und der Baum zieht nach schräg hinten, das Segel wird schräg eingerollt, verdreht
das Segel wird mit voller Kraft und über die Winch gewaltsam eingerollt, während das Segel immer noch Druck von der Seite hat - da belastet nicht nur die Schoten und Reffleinen, das belastet auch das in straff gedehntem Zustand eingerollte Material, welches sich entspannt, wenn der Druck nachlässt, dann kommt es wieder zu Falten und Gegenläufern.
das Grossfall wird VOR dem Reffen gelöst - dadurch staucht das Vorliek im Mast auf und das Segel hat nicht mehr genug Platz
vor dem Einrollen des Grossegels geht er in den Wind um Druck aus dem Segel zu nehmen
die Dirk wird so durchgesetzt, dass der Baum waagrecht liegt (Baum an der Großschot führen, damit der Baum nicht gefährlich schlägt!)
der Baumniederholer und Großschot wird gelöst, damit von unten kein Zug auf das Segel kommt
das evtl. durchgesetzte Achterstag wird soweit gelöst, dass der Mast senkrecht steht, keine Biegung mehr hat
Finger weg vom Großfall - erst, wenn das Segel eingerollt ist, kurz lösen um den Zug vom Vorliek zu nehmen.
Wer so sein Großsegel refft, wird nie die gefürchteten und kolportierten Probleme mit seinem Rollsegel bekommen.
Hier ein sehr interessantes Video der YACHT:
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