Skippertricks
Schon ein erster Blick in den Motorraum lässt den erfahrenen Skipper erkennen, ob die Maschine gut gewartet ist:
Ist der Motorblock sauber und frei von Rost und Ausblühungen?
Kleben Salznester am Motor oder an den Zu- und Ableitungen?
Weitere Salz- und andere Undichtigkeitsindikatoren an den Schlauchschellen und Verbindungen?
Sind die Motorhalterungen in Ordnung oder stark korrodiert und die Lagergummis spröde und rissig?
Steht (viel) Wasser in der Motorbilge und in welchem Zustand ist dieses
klares Wasser lässt auf eine etwas undichte Wellenmanschette, auch Stopfbuchse genannt, schließen.
Ölig-dreckiges Wasser auf Probleme mit der Motordichtheit (= Dichtungen evtl. beschädigt z.B. wg. vorheriger Überhitzung und damit Gefahr von Ölaustritt und Motorschaden)
Ist die Motorraumbilge staubtrocken, ist dies kein Indiz für einen perfekten Motor, sondern darauf, dass die gerade jemand gereinigt oder mit Sprühlack überlackiert hat.
Gerade bei älteren Yachten sollte man da genau hinsehen - Stellen, die aussehen wie überlackierte Ausblühungen mit dem Schraubenzieher aufkratzen
Macht der Motorraum insgesamt einen gepflegten und ordentliche Eindruck, kann man auch ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Maschine gut gewartet ist - trotzdem sollte man genau prüfen, denn die eigene Sicherheit kann davon abhängen..
Am Besten, man lässt den Motor an und bei 1500 rpm ca 10 Min laufen, bis der Motor etwas warm, aber noch nicht heiss ist.
Optisch kann man dann den Kühlwasserauslass prüfen, die Verschlussventile lokalisieren und den Seewasserfilter checken und ggfls.säubern.
Wichtig: danach nicht vergessen, das Seeventil wieder zu ÖFFNEN - außen Wasseraustritt bei laufendem Motor prüfen
Danach misst man den Ölstand.
Ölstand messen gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Während "lehrbuchmässig" der Ölstand bei kaltem Motor vor dem Anlassen und nach längerem Stillstand gemessen wird, wodurch man die "tatsächlich vorhandenen Ölmenge" messen kann, habe ich in vielen Jahren Praxis die Überzeugung gewonnen, dass das Messen des Ölstandes dann erfolgen sollte, wenn der Motor bereits etwas Schmierung hat.
Ein größerer Schiffsmotor hat sicher 2-3l Öl im Motorgehäuse verteilt, und wenn er einige Minuten steht, immer noch gut 1l. Daher vertrete ich den Standpunkt, erst den Motor ein wenig laufen zu lassen.
Dann schaltet man ab, wartet ca. 10 Minuten, in denen das meiste Öl zurück in die Ölwanne fließt, und misst dann.
Dann ist der Motor einerseits gleichmässig geölt und man sieht, wie der (Reserve) Ölstand unten ist. Dabei ist zu bedenken, dass ja das Öl sich bei Wärme auch ausdehnt.
Meiner Ansicht nach ist dies vorteilhaft, denn wenn der Motor länger steht, führt das dazu, dass das ganze Öl aus dem Motor hinabläuft, und man scheinbar "zuviel" Öl in der Wanne zu haben scheint.
Ich habe in über 21 Jahren mit meiner eigenen Yacht und einem 50 PS YANMAR-Motor mit dem Warmlaufenlassen und dann nach 10 Minuten Ölstand messen beste Erfahrungen gemacht.
Insbesondere vermeide ich die Gefahr, zu wenig Öl in der Wanne/Motor zu habe, was bei Seegang u.U. dazu führt, dass der Motor wegen Ölmangel Probleme bekommt. Gerade bei ständig benutzten Charteryachten halte ich diese Vorgehensweise für die Bessere. Es mag andere Auffassungen geben, jeder sollte sich darüber eben vorher einige Gedanken machen und recherchieren. Letztendlich ist aber der Unterschied marginal. Ein gut gewarteter Motor hat immer ausreichend Öl, da ist es egal, ob 1l im Motorblock verteilt sind oder alles in der Wanne sich befindet.
Wichtiger als derartige Grundsatzdebatten ist die Frage, ob ÜBERHAUPT Ölstand nachgemessen wird!
In der absoluten Hochsaison, da man ja nicht weiß, was der Vorcharterer gemacht und zurückgelegt hat, und insbesondere vor einem streckenmässig längeren Törn sollte man nachsehen, ob bzw wann die letzte Inspektion und Öl- sowie Filterwechsel stattgefunden hat. Und wenn man schon dabei ist: das Gehäuse des Impellers ist mit 4-5 Schrauben verschlossen - da reinzusehen, ob der Impeller noch ok oder bereits beschädigt ist, sollte man sich immer angewöhnen. Das dauert 3-5 Minuten und man ist dann sicher, dass der Impeller richtig läuft!
ACHTUNG: beim Wiedereinsetzen darauf achten, dass man den Impeller richtig einsetzt, also die Fächer alle in dieselbe Richtung zeigen (siehe Yacht-Motor-Handbuch!)
Keilriemenspannung prüfen
Keilriemenfestigkeit - einen auch nur minimalst beschädigten Keilriemen auswechseln (lassen! Keine Widerrede!)
Ist ein Ersatzkeilriemen in der Werkzeug/Ersatzteilbox?
Zuletzt vorsichtig den Kühlwasserdeckel am Motor öffnen - NUR, wenn der Motor nicht heiss ist!!! - und fühlen, ob die Lamellen vollständig mit Kühlwasser bedeckt sind . Deckel wieder draufmachen nicht vergessen!
Der "Jockel", wie der Schiffsmotor gerade bei kleineren Booten oft liebevoll genannt wird, ist ein wichtiges Element in der nautischen Planung eines Segeltörns.
Während man früher und oft auch heute noch bei kleineren Booten keinen Motor hatte, und daher auf ausreichend Wind angewiesen war, wirft man heute bei Flaute oder im Gegenteil extremen Winden gerne schnell mal die Maschine an, um Strecke zu machen oder in einem sicheren Hafen oder einer geschützten Bucht einzulaufen.
Insbesondere in gefährlichen Situationen, eben beim geplanten Einlaufen oder in Legerwall-Situationen ist der Schiffsmotor essentiell für das Schiff und die Sicherheit der Crew.
Der erfahrene Skipper verwendet daher bei der Schiffsübernahme einen wesentlichen Teil seiner Zeit dafür, zu prüfen, ob der Motor in dem Zustand ist, in welchem er sein sollte.
Das gelingt zunächst mit einer visuellen Übersichtsprüfung, sollte aber durchaus fortgesetzt werden mit vertieften Untersuchungen, und man sollte sich dabei weder vom eigenen Zeitdruck, noch von nörgelnden Crewmitgliedern oder einem ungeduldig wartenden Charterfirmenmitarbeiter unter Druck setzen lassen.
Natürlich unterliegen Schiffsmotoren durch ständigen Gebrauch einem gewissen Verschleiß, aber bei normaler Nutzung sind diese robust und unverwüstlich, sie vertragen selbst heftige Fehlbedienungen.
Ein ständig benutzter Motor wird auch eher "durchhalten", und weniger Probleme machen, als ein monatelang kaum benutzter - vorausgesetzt, die Wartungs- und Ersatzteilintervalle werden eingehalten.
Was Dieselmotoren jedoch gar nicht mögen ist Überhitzung und Laufen ohne Öl.
Überhitzung kann eintreten, wenn der Kühlwasserkreislauf gestört ist - dies ist bei der zunehmenden Plastiktüten-Umweltverschmutzung leider ein zunehmendes Problem. Der erfahrene Skipper wird dies antizipieren und ein Crewmitglied beauftragen, beim Motorstart, aber auch während der Motorfahrt, vor allem, wenn es durch ein Mülltreibfeld geht, zu prüfen und zu beobachten, dass der Wasserdurchfluß ungestört ist.
Kommt kein Wasser aus dem Auspuff, SOFORT Maschine aus und prüfen, woran das liegt.
Gängige Fehler sind eben verstopfter Wassereinlass (Rumpfaußenseite) oder es wurde vergessen, das Kühlwasserventil nach der Reinigung des Wasserfilters wieder zu öffnen!
Laufen ohne Öl kann sein, wenn man nicht rechtzeitig Öl nachfüllt - daher muss der Ölstand vor jedem Auslaufen geprüft werden.
Außerdem kann eine verbreitete Unsitte zu solchen ölbedingten Motorausfällen führen: das Segeln bei laufendem Motor.
Manche Skipper halten das für besonders clever - sie haben volles Tuch gesetzt und lassen den Motor mitlaufen, weil sie denken, dann geht es schneller, oder wiel die Klimaanlage laufen soll oder der Kühlschrank noch nicht kalt ist oder die Batterien geladen werden sollen (die der Kühlschrank über Nacht leergesaugt hat)
Solange das Schiff bei wenig Wind keine oder kaum Lage schiebt, ist das kein Problem. Aber wenn der Wind zunimmt und das Schiff dauerhaft auf einer Seite liegt, sollte man SOFORT den Motor ausmachen, denn sonst läuft man Gefahr, dass der Motor nicht mehr ausreichend mit Öl versorgt wird.
Im Motorraum befindet sich auch das Getriebe, welches einen Hebel hat, mit welchem man Gasund Gangschal . Deckel wieder draufmachen nicht vergessen! Der Ganghebel befindet sich am Steuerrad oder dort in der Nähe und wird über Bowdenzüge aus Draht mit dem Getriebe verbunden.
Ein häufiger auftretendes Problem ist ein Splintbruch im Schalthebel, ausgelöst durch zu heftiges Herumreissen am Schalthebel oder ein Bruch des Bowdenzuges. Wenn dies passiert, kann man die Drehrichtung der Schraube immer noch per Hand direkt am Getriebe einstellen, ebenso wie mehr oder weniger Gas.
Der erfahrene Skipper wird im Beisein von 2 dafür einsetzbaren Personen nachsehen, wo genau der Getriebeschalthebel sitzt und wie er sich bewegt. Im worst case geht dann ein Crewmitglied hinunter und bewegt den Ganghebel - dazu braucht man meist ein 2.Crewmitglied, um die Befehle des Skippers nach unten und die Rückmeldungen nach oben durchzugeben.
Wer keine Erfahrung mit der Reparatur eines Ganghebels hat, sollte das lassen - beim Auseinanderschrauben springen viele kleine Einzelteile heraus, und wer das nicht kennt, bekommt es nicht mehr zusammen.
Mit der Schaltung direkt am Motor kann man durchaus einige Seemeilen zurücklegen (es geht ja immer mit gleicher Geschwindigkeit geradeaus), und ein paar Manöver im Hafen oder in der Marina lassen sich auch bewältigen
Der (Seenot-)Ruf eines offensichtlich darüber nicht informierten Charterskippers, dessen Bowdenzug gerissen war, der zudem zum Hafen hätte segeln können, wäre also vermeidbar gewesen, und der entsprechende Versicherungsschaden auch.
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